Die Geschichte der ev. Gemeinde 1845 - 1947

Als das überwiegend evangelische Hessen 1802 das katholische Herzogtum Westfalen in Besitz nahmen, konnten nach und nach auch die evangelischen Bevölkerungsteile in Westfalen kirchlich versorgt werden.

In den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts gab es in Erwitte einige evangelische Christen, die sich aber zunächst zur Kirche in Lippstadt hielten. Als die Zahl der evangelischen Christen größer wurde, erwachte der Wunsch nach einer eigenen Kirchengemeinde.

Besonders der Tabakfabrikant Johann Friedrich Groos setzte sich dafür ein, eine eigene evangelische Kirchengemeinde in Erwitte zu gründen und von einem Pfarrer versorgen zu lassen. Nach ihm wurde im Jahr 2001 eine Strasse in Erwitte benannt.

Die Verhandlungen mit den Pfarrern Lippstadts wegen der gottesdienstlichen Versorgung der evangelischen Christen in Erwitte einen Vertrag abzuschließen, zerschlugen sich aber, weil keiner sich dazu bereit fand, in Erwitte Gottesdienst abzuhalten. Auch die kirchlichen Behörden verhielten sich ablehnend, weil sie das Bedürfnis einer evangelischen Kirchengemeinde in Erwitte nicht anzuerkennen vermochten.

Seit 1845 stand in Erwitte eine von den dortigen evangelischen Christen gegründete und unterhaltene evangelische Schule. Diese Einrichtung war wohl mit ein Grund dafür, dass nun das Königliche Konsistorium die Errichtung eines evangelischen Schul- und Kirchensystems in Erwitte für ein dringendes Bedürfnis hielt.

Am 25. Mai 1845 hatte sich ein vorläufiger Kirchenvorstand in Erwitte gebildet. Ihm gehörten an:

Kanzleidirektor Dr. Lorenz (Erwitte)
Justizkommissar Köppelmann (Erwitte)
Kaufmann Friedrich Groos (Erwitte)
Rentmeister Erdmann (Westernkotten)

178 Personen hatten sich in Erwitte zu einem evangelischen Kirchenverein zusammengeschlossen, der diesen Vorstand aus seiner Mitte wählte.

Nach Vorschlag des Konsistoriums wurde ein Vertrag zwischen dem Erwitter Kirchenvorstand und dem an der Geseker Provinzialpflegeanstalt als Hilfsgeistlichen angestellten Pfarrer Siebold geschlossen, der vorsah, dass Siebold alle vierzehn Tage in Erwitte Gottesdienst abhalten sollte, wöchentlich einmal Religionsunterricht in der Schule zu geben und die Seelsorge an den dortigen Evangelischen wahrzunehmen habe.

Da der Nachfolger von Pfarrer Siebold, der Hausgeistliche Hempelmann, sich weigerte, die nebenamtliche Betreuung der Gemeinde Erwitte zu übernehmen, wurde die Verbindung zwischen Geseke und Erwitte mit Verfügung des Konsistoriums vom 6. Juni 1854 aufgekündigt und zugleich bestimmt, dass Erwitte von nun an von einem selbständigen Pfarrverweser zu versorgen sei. Diese Entscheidung verlangte aber nun nach einer eigenen Kirchengemeinde in Erwitte.

Nach einem Zitat von Karl Lamprecht: “In Erwitte wird kein Pfarrer alt, er müsse denn vom Boden fallen” soll die folgenden Auflistung der Hilfsgeistlichen in Erwitte gesehen werden:

Herr Henne 1854 - 1861
Pfarrer August von Manger 1861-1863
Pfarrer Wilhelm Wulff´1863-1867
Pfarrer Gustav Greiff 1867-1870
Pastor Ernst Ringleb 1870-1876
Pfarrer Karl Jellinghaus 1877-1878
Pfarrer i. R. Krabbes 1878-1884
Pfarrer Niemöller 1884-1913
Herr Lauffher 1913-1921
Pfarrer i. R. R. Mentler 1921-1931
Herr Prein (Warstein) 1931-1935
Karl Stein (Warstein) 1935-1938
Herr Trommershausen 1938 - 1943
Pfarrer i. R. Brauneck 1943-1947

Das erste Gemeindehaus mit Betsaal

In der Amtszeit von Pfarrer August von Manger 1861-63 gelang es der Gemeinde, ein Pfarrhaus mit Garten und Ackerland zu erwerben:

“Das angekaufte Pfarrhaus liegt an der Landstraße von Erwitte nach Soest und ist ein massives, aus Ziegelsteinen erbautes zweistöckiges Gebäude, das halb unterkellert ist. Es enthielt bei der Übernahme im Erdgeschoss links vom Eingange drei Zimmer, eines nach der Straße und zwei nach dem Hof gelegen. Rechts vom Eingange nach der Straße zu wurde das Schulzimmer eingerichtet, im ersten Stock der Betsaal.”

Die Einrichtungsgegenstände des Betsaales waren bescheiden und bestanden außer den Sitzgelegenheiten in der Hauptsache aus einem Altar mit Altarkreuz sowie einem Rednerpult. Zur Begleitung des Gemeindegesanges hatte die Gemeinde ein Harmonium angeschafft.

Bis 1951 diente dieses Haus an der Soester Straße 8 der Kirchengemeinde als Versammlungsstätte (Betsaal), Pfarrbüro und Pfarrwohnung. Das zum Haus gehörende Grundstück, dass heute wieder vollständig im Besitz der Ev. Kirchengemeinde ist, reichte vom Hellweg bis zur Westkampstraße.

In der Amtszeit des Hilfsgeistlichen Wilhelm Wulff genehmigte am 29. 8. 1864 der Minister des Geistlichen der Königlich Preußischen Regierung die Errichtung einer Ev. Gemeinde Erwitte.

Zu der Gemeinde gehörten neben dem Hauptort Erwitte folgende weitere Ortschaften:

Eickeloh, Westernkotten, Anröchte, Schmerleke, Berge, Stirpe, Weckinghausen, Völlinghausen, Clieve, Waltringhausen, Berenbrock, Norddorf, Ebbinghausen, Ermsinghausen, Weickede und Hoinkhausen.

Die Gemeinde wurde als Filialkirchengemeinde mit der großen Marien-Gemeinde zu Lippstadt verbunden, sollte aber von eigenen sogenannten Pfarrverwesern, der damalige Sprachgebrauch für Hilfsgeistlichen, versorgt werden und auch wirtschaftlich nicht mit der Marien-Gemeinde verbunden sein. Mit der Erhebung dieser selbständigen Gemeinde hörte der bisherige vorläufige Kirchenvorstand auf und wurde am 19. März 1865 durch ein Presbyterium ersetzt. Weiter